Zwei Ponte-Freiwillige teilen ihre Erfahrungen

Die Dienstleistung Ponte, die Angehörige berät und begleitet, feierte im 2024 ihr zehnjähriges Jubiläum. Peter Dürst engagiert sich seit Beginn freiwillig bei Ponte, Pia Felchlin seit 2021. Im Interview berichten sie über ihre Beweggründe und Erfahrungen als Ponte-Freiwillige.
Pia Felchlin engagiert sich seit 2021 Jahren freiwillig bei Ponte, Peter Dürst ist seit Beginn als Ponte-Freiwilliger tätig.

Peter Dürst hatte neben seinem Beruf als Stadtingenieur aus Interesse am Thema «Pflege und Betreuung» den Lehrgang Pflegehelfende SRK besucht. Nach diesem Schritt ist er beim SRK Graubünden geblieben und als Freiwilliger Teil der Rotkreuz-Familie geworden. 

SRK Graubünden: Was hast du in den zehn Jahren bei Ponte gelernt?
Peter Dürst: Ich habe gelernt, zuzuhören. Das Zuhören ist wichtig, um Vertrauen aufzubauen. Die begleitete Person muss spüren, dass ich ihr zuhöre und sie verstehe.

Ist es schwierig, als Aussenstehender den Zugang zu Ratsuchenden zu finden?
Nein, im Gegenteil. Für mein Gegenüber ist es oft einfacher, Probleme mit mir als mit Familienmitgliedern anzusprechen. Ich bin neutral und unabhängig und nicht mit der Familiengeschichte verstrickt.

Wie sieht eine mögliche Beratung oder Begleitung durch dich aus?
Es beginnt mit einem Telefonanruf. Wie schon erwähnt ist das Zuhören wichtig, auch um die Situation der oder des Angehörigen zu erfassen. Oft treffen wir uns zu einem persönlichen Gespräch und diskutieren mögliche Lösungsansätze. Es zeigt sich immer wieder, dass betreuende Angehörige oft stark unter Druck stehen und keine Luft haben, um selbst über Unterstützungsmöglichkeiten nachzudenken und diese zu suchen. Je nach Situation bleibt es bei ein bis zwei Gesprächen, manchmal begleite ich jemanden aber auch längere Zeit, wie beispielsweise einen Familienvater mit einer psychisch erkrankten Frau. Hier bin ich dann ab und zu auch Kontaktperson zum Schulleiter der Kinder, der per Zufall im gleichen Haus wohnt wie ich.

Kontakte vermitteln ist also ein wichtiger Punkt bei Ponte?
Ja, genau. Ich kann den Kontakt zu anderen Institutionen vermitteln, z.B. für Nachtwachen, Fahrten zu Arztterminen, etc. Oft sind auch Kontakte zu Dorfvereinen oder Schulen hilfreich. Als Ponte-Freiwilliger stelle ich das ganze Netzwerk des SRK Graubünden und auch mein eigenes zur Verfügung.

Was für Voraussetzungen sind aus deiner Sicht für Ponte-Freiwillige nützlich?
Ein grosses Netzwerk, eine gewisse Lebenserfahrung und Erfahrung in der Pflege können nützlich sein. Ich persönlich habe den 15-tägigen Lehrgang Pflegehelfende SRK sehr geschätzt. Ebenso die Ponte-Schulung und den regelmässigen Fachaustausch mit Renata und den anderen Freiwilligen.

Pia Felchlin berichtet über ihre Erfahrungen als Freiwillige bei Ponte

SRK Graubünden: Was hat dich bewogen, bei Ponte mitzumachen? 
Pia Felchlin: In meinem Berufsleben habe ich immer in der Ausbildung von jungen Menschen gearbeitet. Nach der Pensionierung hatte ich Lust, Wegbegleiungen für ältere Menschen zu machen. Die Herausforderungen von Menschen, die Angehörige begleiten oder pflegen, haben mich sehr interessiert und so engagiere ich mich seit rund vier Jahren bei Ponte.

Gibt es «den» typischen Ponte-Einsatz?
Nein, die Einsätze sind ganz unterschiedlich und individuell, je nach Bedarf der betreuenden Angehörigen. Manchmal gestaltet sich ein Ponte-Einsatz ganz einfach und ein bis zwei Anrufe oder Treffen reichen den Angehörigen aus, um geeignete Lösungen für ihre Familie zu finden. Manchmal dauern die Einsätze aber auch länger, wie im Fall einer Frau, die ich schon seit vier Jahren begleite. Ihr Ehemann hatte damals die Diagnose Alzheimer erhalten. Diese Krankheit stellte den Alltag der ganzen Familie auf den Kopf. Ich bin für die Ehefrau mittlerweile eine Vertrauensperson und sie wendet sich immer wieder an mich – Mal häufig, Mal wenig. Manchmal unterstütze ich sie bei Abklärungen und kann konkret weiterhelfen, manchmal möchte die Frau mir aber auch einfach ihre Sorgen erzählen. Innerhalb der Familie fällt ihr dies schwer, da ihre Kinder zu stark involviert sind. Es fällt ihr leichter, ihr Herz bei mir auszuschütten.

Was ist aus deiner Sicht der grosse Pluspunkt der Dienstleistung Ponte?
Das grosse Plus ist, dass ich als Freiwillige wirklich da bin für die Person, die belastet ist durch die Betreuung einer oder eines Angehörigen. Ich lasse mich auf ihre Situation ein und gebe das, was gewünscht ist. Dabei wird sehr geschätzt, dass ich als Aussenstehende neutral bin. Bei betreuenden An-gehörigen spielen immer ganze Familien und ihre Familiengeschichten mit, was zusätzlich zur Betreuung sehr belastend sein kann. Solche Situationen sind auch für mich herausfordernd, aber interessant. Ich habe schon Familiengespräche initiiert und quasi als Mediatorin zwischen den verschiedenen Seiten vermittelt. Das kann zu mehr Konflikten führen, aber auch Lösungen bringen.